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Vertragliche Verlängerung der Probezeit bei Ausbildung

15. November 2016

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes ist eine vertragliche Verlängerung der Probezeit in einem Berufsausbildungsverhältnis wirksam, wenn die Ausfallzeiten bei wenigstens einem Drittel der Länge der Probezeit liegen.

In Berufsausbildungsverträgen ist in der Regel eine Probezeit vorgesehen, die nach § 20 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mindestens ein Monat betragen muss und höchsten vier Monate betragen darf. Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis ohne Einhalten einer Kündigungsfrist von beiden Seiten schriftlich ohne Angaben von Gründen gekündigt werden.

In manchen Berufsausbildungsverträgen ist darüber hinaus eine Regelung für eine Verlängerung der Probezeit im Fall einer Unterbrechung aufgenommen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich mit solch einer Regelung aktuell zu befassen (BAG, Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15).

Der zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbilder geschlossene Berufsausbildungsvertrag enthielt im konkreten Fall eine Probezeit von vier Monaten. Im Weiteren enthielt der Vertrag folgende Klausel: „Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.“ Während der eigentlichen Probezeit von vier Monaten war der Auszubildende für sieben Wochen erkrankt. Im fünften Monat des Ausbildungsverhältnisses hat der Ausbilder in der verlängerten Probezeit dem Auszubildenden ohne Einhaltung einer Frist gekündigt. Der Auszubildende erhob Klage gegen die Kündigung, weil nach seiner Auffassung die Verlängerung der Probezeit unwirksam sei. Ohne die Verlängerungsklausel hätte das Berufsausbildungsverhältnis wegen vorherigen Ablaufs der Probezeit nicht ohne Angabe von Gründen gekündigt werden dürfen.

Das Bundesarbeitsgericht hielt in seiner Entscheidung die Kündigung des Ausbildungsbetriebes in der verlängerten Probezeit für rechtens und somit die Klausel für wirksam.

Kernpunkte der Entscheidung:
Nach der Entscheidung des BAG musste ein Kündigungsgrund nicht vorliegen, da die Kündigung noch in der Probezeit erfolgt ist. Auch hat das Gericht keine unangemessene Benachteiligung des Auszubildenden festgestellt. Auch der Ausbildende hat ein Interesse das Ausbildungsverhältnis jederzeit lösen zu können.
Aus Sicht des Auszubildenden verringert sich durch eine Verlängerungsvereinbarung zudem das Risiko, dass der Ausbildungsbetrieb das Ausbildungsverhältnis zum Ende der ansonsten nicht verlängerten Probezeit kündigt, weil ihm die Dauer der tatsächlichen Erprobung wegen erheblicher Fehlzeiten des Auszubildenden als nicht ausreichend erscheint.

Die im konkreten Fall vereinbarte Verlängerung der Probezeit dient der Erfüllung des Zwecks der Probezeit und liegt damit im Interesse beider Vertragsparteien. Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein. Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen.

Das BAG hat die Probezeitverlängerung nicht beanstandet, da die Verlängerung der Probezeit erst bei einer Unterbrechung um mehr als ein Drittel dieser Zeit eintritt. Eine nur geringfügige Unterbrechungsdauer, welche die Erreichung des Zwecks der Probezeit nicht beeinträchtigen würde, liegt nicht vor.Der ausbildende Betrieb konnte die Probezeit verlängern, da er die Unterbrechung der Probezeit nicht selbst herbeigeführt hat. Die Unterbrechung ist auf krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers zurückzuführen, welche der Beklagten nicht zugerechnet werden können.

Hinweis:
Die Entscheidung betrifft ausschließlich die Frage der Kündigung von Ausbildungsverhältnissen in der Probezeit und kann aufgrund der Besonderheit von Berufsausbildungsverhältnissen nicht auf Arbeitsverhältnisse übertragen werden.

Quelle: FV EIT B.W. Newsletter 10/2016

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